Post Mortem: Fart Fiasco – Teil 5: Fatales Finale
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Schließlich ging ich mit dem Spiel auf Steam in Early Access öffentlich, da es ja fast fertig war und eigentlich nur noch kleine Verbesserungen erfordern würde. Die aus der Mobile-Phase verbliebende Struktur aus generischem Hochleveln und den Quest-Modi hätte ich mir für ein Desktop-Spiel zum Beispiel anders vorgestellt. Was einfach zu ändern klingt, ist in diesem mittlerweile recht komplexen Projekt aber schwer umzusetzen geworden, da viele verschiedene Abhängigkeiten existieren und ein hohes Risiko des Einbaus schwer zu entdeckender Fehler besteht. Dennoch wollte ich das Projekt zu Ende führen und startete einige Werbekampagnen in Social Media, was auf gemischte, aber erwartungsgemäße Reaktionen stieß. Ich bewarb mich bei der Indie Arena als Aussteller (was aber nicht klappte) und beklebte Autos mit Werbemotiven.
Zudem hatte sich mein Alltagsgeschäft eher unerwartet komplett verändert. Um 2017 erfuhr die Online-Learning- und Videokurs-Branche gerade ihren Aufstieg und ich hatte, zunächst als ein weiteres Experiment, meinen ersten Udemy-Kurs erstellt. Kurz gesagt lief dieser sofort überraschend gut an und brachte mir einen Teil des Lebensunterhalts ein. Da dies also in jederlei Hinsicht spürbar besser lief als das Spielprojekt selbst, investierte ich mehr Zeit in den Aus- und Aufbau dieser Geschäftsidee. Ich denke heute, dass das vollkommen richtig und wichtig war, doch leider bedeutete es, dass ich praktisch keine Zeit mehr für Fart Fiasco hatte.
Meine Lehrtätigkeit im Bereich Spieleentwicklung rückte immer weiter in den Mittelpunkt und nahm mich spätestens mit der Berufung in die Professur an der Hochschule Kempten komplett ein. Der Aufbau meiner Aufgaben dort, lies keine Zeit für andere Dinge, so dass ich weder neue Kurse erstellen, noch Fart Fiasco richtig fertigstellen konnte. Ich glaube auch hier, dass es richtig lief, aber alles einen gewissen Preis fordert. Das Loslassen dieser früheren Projekt fällt mir bis heute noch sehr schwer, scheint mir aber unvermeidbar.
Inzwischen, 2024, sind schlicht schon viele Jahre vergangen und die Entwicklung von Fart Fiaso ist für mich einfach zu weit in die Ferne gerückt. Schließlich hatte auch Steam nachgehakt, was denn nun der Stand der immer noch des Early Access befindlichen Projekts sei. Es hat hier nun mehrere Handlungsmöglichkeiten gegeben. Das Projekt komplett abzubrechen wollte ich nicht, denn dafür ist zu viel Arbeit reingeflossen und auch schon zu viel Ergebnis rausgekommen. Mit Hilfe von Steam wäre es zudem möglich gewesen, den Early Access-Status außerplanmäßig zu stoppen, ohne dabei den normalen Release-Vorgang zu durchlaufen. Die Entwicklung nochmal aufzugreifen und das Projekt so zu perfektionieren, wie ich es mir vorstelle, hatte ich zwar tatsächlich nochmal in Angriff genommen, doch muss ich zugeben, dass ich mich dazu nach fast acht Jahren inzwischen schlichtweg nicht mehr in der Lage sehe. Letztlich habe ich mich entschieden, das Spiel einfach in den Release-Zustand zu setzen. Bereits vor einigen Jahren hatte ich den Produktpreis auf kostenlos geschaltet und auch wenn es nicht perfekt ist, so ist es immerhin ja spielbar.
Erkenntnisse und Learnings
Fart Fiasco war ein wilder Ritt, der überhaupt nicht absehbar war. Obwohl das Endergebnis nicht wirklich meinem eigenen, oft zu perfektionistischen Anspruch genügt, ist zumindest irgendwas dabei herausgekommen. Gewinnbringender als das Endergebnis sind für mich aber wahrscheinlich die Erfahrungen aus dem gegangenen Weg.
- Es passieren unerwartete Dinge. Manchmal läuft es einfach nicht wie geplant und es kommt etwas anderes, vielleicht auch besseres. Insbesondere die Finanzierung von Spieleentwicklungen ist und bleibt ein schwieriges Thema, das schnell zu anderen, lukrativeren und damit leichteren Projekten führen kann.
- Einfach halten. Jede neue Idee verkompliziert das Projekt, wodurch es irgendwann nicht mehr handhabbar ist. Insbesondere die unterschiedlichen Plattformziele und die damit einhergehenden immer neuen Ideen haben Fart Fiasco besonders stark zerschlagen und verkompliziert.
- Beim eigenen Thema bleiben. Meine früheren Erfahrungen mit älteren Smartphone-Vorgängern waren auch schon schlecht, ich hätte mich damit garnicht erst befassen, sondern beim für mich Bewährten bleiben sollen.
- Man lernt immer was. Zweifellos habe ich in allen Bereichen viel gelernt, auch technisch. Den Canvas für Szenengrafik einzusetzen und Labyrinth-Generatoren zu implementieren, war etwas völlig neues, das durchaus gut funktioniert hat. Wenngleich übrigens unklar ist, wie performant das Ganze eigentlich ist.
Nie wieder mobile
Zwar haben mir die Experimente mit den Mobil-Versionen viel Erfahrungswerte geliefert, doch hat es auch unglaublich viel Entwicklungsarbeit erschwert. Daher denke ich, dass man, insbesondere als Mini-Team oder Solo-Entwickler eher zurückhaltend sein sollte, wenn es um die Erweiterung des Produkts auf zusätzliche Plattformen geht. Die Möglichkeit von Tools wie Unity quasi auf Knopfdruck ausführbare Versionen der selben Projektquelle für verschiedene Geräte zu erstellen, verführt schnell zur falschen Annahme, dass es ebenso einfach sei, dieses Produkt dann auch cross-plattform zu konzipieren und zu publizieren.