Kreativtechniken für Spielentwicklung

Es gibt verschiedene so genannte Kreativtechniken, die wie „Kochrezepte“ zum Finden von neuen Ideen funktionieren. Du kannst sie nutzen, um dein Spiel zu entwickeln und/oder Ideen zu verbessern. In diesem Artikel zeige ich dir ein paar Techniken.

Klassisches Brainstorming

Das klassische Brainstorming geschieht meist mit einem Stift und einem Blatt Papier. Dort wird zunächst einfach alles niedergeschrieben, was einem zum Thema des Spiels einfällt. Wichtig beim Brainstorming ist, dass erstmal alle Ideen aufgeschrieben werden. Versuche Gedankenketten frei zu folgen, weil assoziatives Denken schon oft zu neuen Impulsen führt. Zudem kannst Du ein Zufallswort einsetzen, um neue Ideen zu generieren. Wähle ein zufälliges Wort, z.B. durch wahlloses Aufschlagen eines Buchs, und versuche dieses Wort in die bestehende Gedankensammlung einzubauen. Die besten neuen Ideen entstehen dabei übrigens, wenn das Wort zunächst scheinbar keinen Zusammenhang zu den bisherigen Ideen hat.

 

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Morphologische Matrix

Die Morphologische Matrix ist eine Tabelle um Neues aus der Kombination einfacher Eigenschaften zu erschaffen. Hierfür werden zunächst separate Eigenschaften aufgeschrieben und untersucht, welche Ausprägungen für diese Eigenschaft möglich ist. Wenn es z.B. darum geht, Ideen für die Gestaltung der Landschaft eines Levels zu finden, kann eine solche Eigenschaft z.B. die grundsätzliche Geografie sein. Ausprägungen dieser Eigenschaft können z.B. wie folgt aussehen:

Die Anzahl der Spalten kann beliebig erhöht werden. Wichtig ist, dass Du isoliert nur die Geografie betrachtest, dir also noch kein konkretes Endszenario vorstellst, weil das die Gedanken sofort auf etwas konkretes einschränkt und damit die Vielfalt der möglichen Ergebnisse reduziert.

Überlege Dir dann weitere Eigenschaften und betrachtet sie isoliert. Weitere Landschaftseigenschaften könnten z.B. sein:

Nach dem Du einige Eigenschaften und deren Ausprägungen aufgelistet hast, kannst Du nun Ideen generieren, in dem Du – möglichst zufällig – aus jeder Zeile einen Wert nimmst und zu einem Ergebnis kombinierst. Aus der Matrix oben könnte man z.B. folgende Schauplatz-Ideen ableiten:

  • steil + trocken + kalt + 80er + exotisch + gelb:
    Wir befinden uns in der kalten Arktis, wo ein Zeitreisender aus den 1980er-Jahren eine Klimakapsel in eine steile Eiswand gebaut hat. Alles Wasser ist gefroren, wodurch Trockenheit ein Problem darstellt. Um zu überleben hat der Reisende in der Klimakapsel ein exotisches Gewächshaus aufgebaut, dessen Pflanzen ihn mit Vorräten versorgen. Der gelbe Schein der Kapsel ist im blauen Eis weithin sichtbar…
  • flach + nass + warm + 80er + freundlich + lila:
    Mitten in einem riesigen, aber relativ flachen See (nass) findet ein Wake-Board-Rennen im Sommer (warm) statt. Das Design der Sportanzüge und -geräte ist inspiriert von einem 1980er-Jahre-Retro-Look bei dem die Farbe Lila dominiert.

Beide Lösungen haben zu sehr unterschiedlichen Spielideen geführt. Die 80er kamen in beiden Lösungen, um zu zeigen dass auch einzelne Reihen über Ideen hinweg mehrfach genutzt oder auch beliebig getauscht werden dürfen. Natürlich darf der Fantasie auch bei der Interpretation freien Lauf gelassen werden: Was würde z.B. passieren, wenn man die „80er“ als 1880 auslegt?

Weitere Rahmenbedingungen, die das Ergebnis beeinflussen können z.B. der Spieltyp sein. Obige erste Lösung würde hier z.B. eher für ein Spiel mit Handlung passen, während das zweite auch ein Casual-Game sein könnte.

Konzept-Montage für ein Ergebnis der morphologischen Matrix

Notizhefte

Ein hilfreiches Konzept ist es, immer ein Ideenbuch bei sich zu haben. Dort können und sollen Ideen sofort festgehalten werden um nicht verloren zu gehen. Mir selbst kamen schon an den ungewöhnlichsten Orten Ideen, welche ich in späteren Situationen einsetzen und verwenden konnte.

Eine besondere Form ist dabei ein Traumtagebuch. Es sollte neben dem Bett griffbereit sein. Dort wird dann alles was man träumt niedergeschrieben bevor man es vergisst. Solche Ideen sind einzigartig, da kein Mensch die selben Träume hat wie ein anderer.

Viel erleben

Kreativität wird meist als die Rekombination von bekanntem beschrieben. Unter dieser Annahme müssen wir selbst vieles Erleben, damit unsere Ideen und Konzepte einzigartig sind. Ziehen wir unsere Ideen nur aus den Ideen anderer, fehlt meist die Innovation. Viele bekannte Geschichten basieren auf dem Erlebten ihrer Autoren.

Man muss nicht das Rad neu erfinden

Natürlich kann man nicht das Rad neu erfinden. Bekannte Situationen und Konzepte werden immer in die eigenen Ideen und Vorstellungen mit einfließen. Dies ist oft auch gewünscht, damit der Spieler später nicht überfordert ist. So findet er sich zurecht und ist von frischen Einflüssen positiv beeindruckt.

Es muss nicht alles beim ersten mal klappen. Ein wesentlicher Teil der kreativen Arbeit ist etwas auszuprobieren und zu überarbeiten, um dann wieder von vorne anzufangen. Dieser Zyklus wird immer wieder durchlaufen.

Zusammenfassung

Es gibt diverse Techniken um eigene Ideen auszuarbeiten und weiterzuentwickeln. Dabei ist das ständige ausprobieren und überarbeiten ein wichtiger Teil des kreativen Zyklus.

Tim Greinus

Hallo, ich bin Tim und studiere an der Hochschule Kempten Informatik-Game Engineering. Meine Leidenschaft für Videospiele entdeckte ich schon lange vor meinen Teenager-Jahren. Aktuell arbeite ich an eigenen Projekten und bin als Tutor für den Bereich Game-Design und Game-Engineering tätig. Mein Traum ist es den Menschen das Medium Computerspiel näher zu bringen und ihnen dabei zu helfen, ebenfalls vielleicht in diese Branche einzusteigen.