Wie halte ich Spieler in meinem Game?
Hast Du schonmal ein Spiel gespielt, bei dem du den Alltag völlig vergessen hast? Wahrscheinlich verging die Zeit auch besonders schnell, weil dich das Spielgeschehen so sehr fesselte. Dieses gedankliche Abtauchen in die Spielwelt wird als Flow bezeichnet. Wenn es Dir als Spieleentwickler gelingt, diesen rauschartigen Zustand bei den Spielenden zu bewirken, führt dies häufig zu einem positiven Bezug zu Deinem Spiel und zur langfristigen Spielerbindung.
Flow in der Psychologie
Flow kommt nicht nur bei Spielen vor. Es ist ein generelles psychologisches Phänomen bei dem das Erleben von Emotionen und Glücksgefühlen ein gedankliches Fesseln bewirken. Dies führt dazu, dass der Konsument in die virtuelle Welt einer Geschichte, eines Films oder Spiels eintaucht und durch höchste Konzentration einen Antrieb hat weiter zu lesen, sehen oder spielen. Allerdings stellt sich der Flow-Zustand erst nach ungefähr 15 Minuten Spielzeit ein.
Das Phänomen hat auch eine Schattenseite: In extremer Form wird die Hingabe so übermächtig, dass der Zustand zu einer Abhängigkeit, z.B. einer Spielsucht, führt.
Hintergrund
Bereits um 1826 beschrieb der Pädagoge Friedrich Fröbel die Hingabe von Kindern beim Spielen. Im Lauf der Jahre würde der Flowzustand zunehmend weiter untersucht und analytisch betrachtet. Prof. Hans Scheuerl formulierte in den 1980er-Jahren Kriterien die auch auf die Flow-Aspekte heutiger Spiele zutreffen:
- Ablenkung vom aktuellen Tagesgeschehen
- Vollkommenes Aufgehen in Tätigkeit
- Zustand von glücklichem Unendlichkeitsgefühl
Den Flowzustand beim Spieler erreichen
Um den Flowzustand bei einem Spielenden zu erreichen, gibt es keine festen Regeln, aber Orientierungen.
Sweetser und Wyeth beschreiben folgende Elemente, die das Entstehen eines Flow-Zustands fördern:
- Konzentration
- Herausforderung
- Fähigkeiten
- Kontrolle
- Klare Zielsetzung
- Rückmeldung
- Eintauchen / Vertiefen
- Soziale Interaktionen
Flow mit Hilfe des Game-Design erreichen
Damit unser Spiel eine fesselnde Wirkung entfalten kann, versucht man das Game-Design auf die oben genannten Aspekte hin auszurichten.
- Rhythmus und Geschwindigkeit von Bewegungen und Interaktionsmustern tragen beispielsweise stark zum Erlebnis bei.
- Attraktive Ziele wecken die Motivation (weiter) zu Spielen.
- Gutes Ausbalancieren von Herausforderungen und Erfolgserlebnissen fördert den Spielspaß, der zur Hingabe führt.
- Auch vermeidliche Kleinigkeiten wie die Führung durch die Spielebenen sind ausschlaggebend. Muss ein Spieler oft durch diverse Menüs wechseln oder ändert sich die Steuerung unerwartet, erschwert dies das Eintauchen.
Identifikation kann zum Flow führen
Der Flow kann auch beim Schauen von Filmen oder Serien entstehen. Wenn Du deinen Lieblingsfilm anguckst, vergisst Du meist die Zeit und tauchen vollständig ab. Du kannst dich vielleicht mit der Handlung identifizieren oder mit konkreten Charakteren. Dies ist im Computerspiel nicht anders. Handlungsbasierte Spiele werden wie Filme konstruiert, um ein starkes emotionales Mitfühlen zu bewirken.
Zusammenfassung
Der Flow beschreibt einen Zustand des völligen gedanklichen Abtauchens in eine virtuelle Welt, ähnlich einem Rauschzustand. Er wird heute noch erforscht und es gibt keine eindeutige Formel, um ihn zu erreichen, jedoch Elemente an denen man sich orientieren kann.
Die Gestaltung eines Spielerlebnisses zielt darauf ab, diesen Zustand zu erreichen. So können Spielmechaniken, Storytelling, Leveldesign, u.v.m. dahingehend optimiert werden, dass der Flow erreicht wird.
Literatur
- Breiner, Tobias C. ; Kolibius, Luca D.: Computerspiele: Grundlagen, Psychologie und Anwendungen. Berlin Heidelberg New York: Springer-Verlag, 2019. ISBN 978-3-662-57895-7. https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-662-57895-7
- Sweetser, P./Wyeth, P., GameFlow. A Model for Evaluating Player Enjoyment in Games, 2015, https://dl.acm.org/doi/pdf/10.1145/1077246.1077253